Sanfte Farbverläufe in tonalen Abstufungen von hell zu dunkel oder von dunkel zu hell prägen die geometrischen, flächig angelegten Formen, deren klare Konturen sich von diffus gesprühten Linien und dynamisch gesetzten Pinselstrichen abheben. Kontrastreich, vielschichtig und mit einem besonderen Blick für Komposition erhebt Benz die Gestaltungsmittel zugleich zum Bildgegenstand. In der Verbindung von malerischer Gestik und geometrischer Form werden die verschiedenen Medien virtuos zu einem Netzwerk aus visuellen Eindrücken verschränkt, das den Betrachtenden in einen Farbkosmos hineinzieht, ihn zu eigenen Assoziationen einlädt und ihn nach seinen Wahrnehmungsmustern befragt.
Dass der Rezipient eine wesentliche Rolle in den Arbeiten der Künstlerin spielt, zeigt sich bereits in ihren installativen Werken der letzten Jahre. Erstmalig werden zweidimensionale Exponate präsentiert, die an den transformativen Aspekt der Installationen anknüpfen und als Weiterführung jener interaktiven Kunstwerke begriffen werden können: Ein spezielles, irisierendes Material verwandelt die an sich statischen Gemälde in Kunstwerke, deren Erscheinungsbild jeweils in Relation vom Lichteinfall und Blickwinkel variiert. Changierende Farbwelten charakterisieren den visuellen Eindruck jener neuen Bildkomponenten. Gleichzeitig spiegelt das Material die Umgebung und reflektiert das einfallende Licht in verschiedenen Farben zurück in den Raum. Indem Benz den Bild- und Betrachter:innenraum zusammenführt, wird den Arbeiten eine Mehrdimensionalität eingeschrieben, deren Wirkungskraft sich im Besonderen durch den Faktor Bewegung entfaltet – in diesem Fall durch die Eigenbewegung der Betrachtenden und durch Veränderungen der Umgebung.
Die formal-ästhetische und inhaltliche Auseinandersetzung Benz‘ mit Themen wie Licht und Schatten, Lichtbrechung und Spektralfarben sowie die Suche nach einer Übersetzung in die Malerei eröffnen neue Wege, den Ausdruck des Mediums zu erweitern, ohne dabei die Leinwand zu verlassen. KINETIC COLORS berichtet von eben jener Experimentierfreude mit neuen Materialien und dem Selbstverständnis Benz’, nie an einem Punkt stehen zu bleiben, sondern durch Bewegung neue Perspektiven zu gewinnen.
(Text: Marie Mergler)
©2023 Julia Benz